Mittwoch, 16. Mai 2018

Der Einfluss von Beziehungen auf das Kaufverhalten bei komplexen, erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen.


Das Problem der Kaltakquise ist oft die fehlende Historie, die fehlende Beziehung und damit das fehlende Vertrauen des Kunden in einen potenziell neuen Anbieter. Je komplexer und tief greifender das neu anzuschaffende Produkt oder die neue Lösung in die bestehenden Prozesse und Strukturen eingreift und „droht“, diese zu verändern, umso größer wird der Widerstand des potenziellen Kunden – selbst dann, wenn die Änderungen gewollt und notwendig sind.

Diese Widerstände lassen sich dadurch überwinden, dass zunächst auf der „Beziehungsebene“ eine Verbindung, ein Grundvertrauen geschaffen wird. Dazu reichen oft einfache Marketing- Maßnahmen wie z.B.: 
anknüpfen an die Kontakte zu Vertrauenspersonen aus alten Projekten/ einem anderen Bereich;
-        Empfehlung von gemeinsamen Kontakten, die von den Kunden als Vertrauenspersonen wahrgenommen werden;
-        Durchführung „vertrauensbildender Maßnahmen“ wie z.B.:
o   Infoveranstaltung, Hausmessen, Business-Frühstück, u.ä.
o   Teilnahme an Messen, (Durchführen von Webinaren)
o   etc.

Wichtig bei diesen Veranstaltungen sind der persönliche Kontakt und die Möglichkeit, dass der potenzielle Kunde seine Probleme und seinen grundsätzlichen Handlungsbedarf mit anderen teilen und damit für sich überprüfen kann. Anbieter, die diese „Präsentation des Kunden“ aufnehmen, ohne dabei die Lösung mit einem Angebot vorwegzunehmen, binden den Kunden. Das Zuhören führt zu einer hohen Akzeptanz, während das zu frühe präsentieren eines Angebotes den Kunden dominiert und ihn in seiner Autonomie, seiner Handlungs- und Entscheidungsfindung einschränkt. Gleichzeitig ermöglicht das Zuhören, die zentralen Entscheidungskriterien und den aktuell bestehenden Handlungswillen des Kunden zu erkennen, zu erfragen – und so den Verkaufsprozess zu mit dem Einkaufsprozess des Kunden zu „synchronisieren“. Kunden, die sich mit einem Problem arrangiert haben, verfolgen andere Prioritäten, als die, die das Problem aktuell als Störung wahrnehmen.

In einem Akquisegespräch, bei einem ersten Kontakt kann der Kunde den Nutzen einer vorgeschlagenen Lösung nicht überprüfen. Erst recht dann nicht, wenn die Lösung ein komplexes Produkt oder Dienstleistung ist. Er muß dem Anbieter vertrauen. Dagegen sind dem Kunden das Problem, seine Folgen und die mit der Investition gewünschten Ergebnisse sehr vertraut. Diese Kriterien kann er ad hoc beurteilen. Das heißt, er erkennt sofort, ob ein Anbieter sein Problem verstanden hat, oder nicht. Die Kompetenz des Anbieters, das Problem zu erkennen und zu verstehen, und die Ergebnisse zu benennen, die für den Kunden wichtig sind, führt in der Wahrnehmung des Kunden zu der Überzeugung, dass der Anbieter sehr wahrscheinlich auch das Problem lösen kann. Der Kunde verbindet den Anbieter als potentielle Unterstützung bei seinem speziellen Problem.

Das Fehlen von Informationen über das WIE, über die Lösung selbst, macht ihn neugierig und bindet den Kunden in diesem Moment an den Anbieter. Dagegen lenken Anbieter die Aufmerksamkeit des Kunden weg von den für ihn wichtigen Themen, weg von seinen Prioritäten, wenn sie ihr Angebot, ihr Produkt oder ihre Dienstleistung in den Mittelpunkt der Kommunikation stellen. Bei dem Kunden führt das zu einem Gefühl der Störung. Das provoziert Widerstand und Ablehnung. In der Folge sind das Produkt und damit die Anbieter nach 2 Minuten oft schon wieder vergessen. 

Wahrscheinlich laufen deshalb Kampagnen auf Basis gekaufter Adressen oft „ins Leere“. Nach Aussagen der potenziellen Kunden haben diese Angebote oft keinen Bezug zu ihrem Handlungsbedarf. Dagegen sind solche Kampagnen sehr erfolgreich, bei denen die Anbieter ihre Zielgruppe kennen und diese nur auf typische, in der Zielgruppe zu lösenden Probleme ansprechen. Selbst dann, wenn ein Kunde zur Lösung dieser Probleme aktuell keinen Handlungs-bedarf sieht, entsteht direkt eine Beziehung. Diese ist stark genug, dass sie von beiden Seiten, in der „Verkaufspipeline“ und der „Anbieterliste“, weiterentwickelt und genutzt werden kann.

Aufbauend auf dieser Neugierde und Akzeptanz öffnet der Kunde seinen Einkaufsprozess für den Anbieter. Ohne diese Öffnung des Einkaufs- und Entscheidungsprozesses wird der Verkaufsprozess des Anbieters durch den Kunden oft als Störung oder Bedrohung wahrgenommen. Für den Verkäufer ergeben sich daraus nicht nur langwierige, sondern oft nicht zu bewältigende Kommunikations-aufgaben. Dagegen erlaubt die Synchronisierung der Prozesse dem Anbieter, mögliche Störungen im Einkaufsprozess des Kunden zu erkennen und den Kunden bei der Lösung dieser Störung zu unterstützen – ohne dass dieser die Kommunikation mit dem Anbieter wie sonst, einseitig abbrechen kann. Der Kunde lässt sich vom Verkäufer durch seinen eigenen Einkaufsprozess führen. So macht verkaufen Spaß.