Mittwoch, 17. Dezember 2014

Die Expertenfalle – und wie Sie ihr entgehen

Für viele Verkäufer ist eine zentrale Frage während der Akquise – wen spreche ich an? Viele haben die Erfahrung gemacht, dass sie immer wieder abgewiesen werden - die Einen höflicher, die Anderen sehr brüsk. Spaß macht das auf die Dauer nicht. Verständlich, dass Verkäufer nach Wegen suchen, die direkte Ansprache von Neukunden zu umgehen.

Und tatsächlich scheint es einen Weg zu geben, der einem das Leben leichter macht. Viele Kollegen versuchen direkt mit dem „Fachbereich“, mit einem Experten des Zielkunden in Kontakt zu kommen. Die Idee dabei ist, dass er den Wert einer Dienstleistung, eines Produktes oder einer Software tatsächlich realistisch ein- und wertschätzen kann. Dieser Weg scheint ihnen auch Recht zu geben. Tatsächlich werden sie viel weniger abgewiesen. Im Gegenteil. Oft erfahren sie eine echte Wertschätzung. Das tut gut. Es scheint sich zu lohnen, gutes Geld für gut recherchierte Adressen zu bezahlen. Als Verkäufer finde ich bei den Experten schneller offene Ohren. Nicht selten bieten sie mir einen Termin an, nehmen gern an Webinaren teil, sind offen und aufgeschlossen für neue Idee, die ich ihnen als Verkäufer biete. Je besser mein Wissen und Angebot in der Sache sind, umso dankbarer nehmen sie es auf. Im Sales-Meeting heißt es dann oft: „Wir hatten einen Super-Termin! Die Mitarbeiter beim Kunden waren total begeistert von unserer Präsentation! Sie werden sich jetzt mit ihrem Chef abstimmen um zu sehen, wie es weitergehen kann!“

Spätestens jetzt habe ich die Interessenten wieder verloren.

Warum? Ich bin in der Expertenfalle gefangen. Ich habe meine Vertriebsaufgaben, das Ermitteln des Handlungsbedarfs, das Ermitteln des Entscheidungsprozesses und die Führung des Interessenten an den Experten des potentiellen Kunden abgegeben. Er hat jetzt neben seiner Aufgabe als Experte von mir noch zusätzlich eine Aufgabe, die eines „internen Verkäufers“ übertragen bekommen. In einem kleinen Unternehmen ist es vielleicht noch realistisch, dass er tatsächlich kurzzeitig seine Arbeit zurückstellt und mir hilft, mein Produkt oder Dienstleistung in seiner Struktur und in seinem Prozess zu platzieren. In größeren Unternehmen kann er mir, selbst mit gutem Willen, oft nicht mehr helfen. Oft kennt er selber diese Prozesse nicht im Detail. Diese zusätzliche Aufgabe ist für ihn eine Last. Damit hat er vermutlich nur wenig bis keine Motivation, seine eigentlichen Arbeiten „hinten anzustellen“ um mir Zugang zu einem, selbst für ihn fremden Prozess zu ermöglichen. Ich brauche mich also nicht zu wundern, wenn ich ihn nach einigen Tagen oder Wochen wieder anrufe und er mir sagt:“ Sorry, ich habe da noch nichts erreicht!“

Tatsächlich kann ich den Kontakt zu dem Experten auch so nutzen, dass er mich in meinem Verkaufsprozess aktiv unterstützt. Das heißt, ich gehe davon aus, dass der Experte oder Fachbereich auf eine ganz bestimmte, mir aber unbekannte Art und Wese in seinen Einkaufs- und Entscheidungsprozess eingebunden ist.  Wie, das erfahre ich, in dem ich Ihn um eine Entscheidung bitte. Ich kann den Experten/ Fachbereich bitten, mir im Rahmen seiner Aufgaben offenzulegen, welches nach seinem Wissen der nächste Schritt ist, mit wem ich in der Folge sprechen muß, wenn er das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich nutzen will. Ich fordere damit von dem Experten eine Entscheidung, die er im Rahmen seiner Aufgabe treffen kann und treffen soll. Er entscheidet dabei an Hand der Kriterien, die für Ihn relevant sind. Die Herausforderung für mich besteht nun darin, zu erkennen, welche seiner Kriterien relevant sind, und welche nur als Vorwand dienen, nicht entscheiden zu müssen. Der Experte ist damit genauso ein Entscheider, wie der Einkäufer oder der Vertreter des Kunden, der letztlich den Auftrag unterschreibt. Seine Entscheidung ermöglicht mir den Zugang zur nächsten Entscheidungsebene - bis hin zum Auftrag - oder nicht. (Wenn ich die Telefonzentrale eines Kunden als Fachbereich betrachte, ist diese auch ein Experte. Ich nuß sie "nur" mit der richtigen Frage um eine Entscheidung bitten, die sie tatsächlich treffen können, die ihrem Aufgabenbereich entspricht.)